Günter Raphael(1903–1960)

Günter Raphael ist der Kammermusiker unter den neueren Komponisten. Er hat sozusagen für alle Instrumente und Kombinationen geschrieben; und er kennt die Instrumente. Die erste Sonate mit Klavier ist ein spätromantisches Werk. Schwierigkeiten bereitet der Mittelsatz, ein Vivace mit vielen Sechzehntelläufen. In der 2. Sonate (über ein Vierteljahrhundert später entstanden) bedient sich Raphael einer Zwölftonreihe (d/a/es/g/e/gis/fis/cis/f/c/h/b). Merkwürdig, das Stück «riecht» nicht nach Zwölftonmusik; es ist nicht einmal übertrieben schwer. Unter op. 46 hat Günter Raphael neun Solosonaten veröffentlicht: zwei für Violine, zwei für Bratsche, zwei für Cello, zwei für Flöte und eine für Fagott. Ein verlagstechnisches Wunder in der heutigen Zeit ist, dass die beiden Sonaten für das gleiche Instrument je in ein und demselben Heft herausgegeben werden. Die zwei Violawerke sind für gewandte Spieler. Die erste Sonate (in G), obwohl 1940 geschrieben, hat einen humoristischen Einschlag. Der 3. Satz erinnert stark an das Bratschensolo in Pfitzners 1. Streichquartett (Scherzo). Die 2. Solosonate ist im gesamten schwerer. Feierlich gibt sich der 1. Satz. Der zweite, ein Perpetuum mobile, ist schwierig; auch der vierte lässt sich nicht einfach vom Blatt spielen. Dass der Komponist in dieser Sonate auf Taktstriche verzichtet, stört nicht im geringsten: Seine musikalische Diktion ist klar genug ohnedies. Eine frühere Solosonate in c-moll ist recht schwierig und virtuos (Doppelgriffe). Sie ist zudem recht lang und umfasst sechs Sätze (Präludium/Fuge/Gavotte/Andante mit Variationen/Menuett/Gigue). Op. 47 sind 6 Duos: 1. für 2 Violinen, 2. für Violine und Viola, 3. für Violine und Cello, 4. für Viola und Cello, 5. für zwei Flöten, 6. für Klarinette und Violine. Das Duo für Bratsche und Cello ist schwieriger als das für Violine und Bratsche. Op. 48 ist ein Trio für Flöte, Geige und Bratsche, op. 49 ein Trio für 2 Geigen und Bratsche. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem grossen Werk des allzu früh verstorbenen Musikers. Postum ist noch ein recht einfaches Concertino in D veröffentlicht worden.